Zwischen Offen­heit für Neuem und Bindungsangst

Ideale sind wie Sterne, man kann sie nicht errei­chen, aber man kann sich an ihnen orien­tieren.”Carl Schurz.

Es gibt sie, die Menschen, die immer weiter­ziehen und sich nie an einen Ort binden wollen oder können. Die Suche nach dem Neuen, Unbe­kannten wird zur Norma­lität. Doch wo ist die Grenze erreicht? Die Antwort ist eigent­lich recht simpel: Die Grenze ist dann erreicht, wenn man vor etwas wegläuft. Es geht um Angst — genauer genommen um Bindungs­angst.

 

Offen­heit für Neues

In gesundem Maße wird der Drang nach einem Orts­wechsel von Neugierde ange­trieben. Diese Neugierde kann auch “Offen­heit für neue Erfah­rungen” genannt werden.

Inner­halb der Psycho­logie ist Offen­heit eine Persön­lich­keits­di­men­sion beim Fünf-Faktoren-Modell. Damit wird zum Beispiel Krea­ti­vität, Tole­ranz und Kultur asso­zi­iert. Offene Menschen lieben es demnach neue Länder, Orte, Menschen, Meinungen, Ideen oder einfach ein neues Restau­rant kennen zu lernen.

Probleme entstehen jedoch, wenn die Offen­heit zu Rast­lo­sig­keit wird und man anfängt blind Verlo­ckungen hinter­her­zu­hetzen und man es vermeidet Stabi­lität und Bindungen im Alltag zu etablieren.

 

Bindungs­angst

Der Begriff Bindungs­angst ist eigent­lich Bestand­teil der Paar­be­ra­tung. Er beschreibt das Phänomen, dass Menschen, die eigent­lich eine Bindung zu einem Partner aufbauen wollen gleich­zeitig Angst davor haben. Dahinter steckt vor allem Angst vor dem Verlust der eigenen Frei­heit, Angst vor Verant­wor­tung oder die Angst etwas zu verpassen. Kurz: Eine ziem­lich fiese Zwickmühle.

Die Band The Clash hat mit Should I Stay or Should I Go sogar einen ganzen Song darüber geschrieben.

Die Thematik lässt sich auch auf die Bezie­hung zum Wohnort über­tragen. Denn wenn man vor der Entschei­dung steht, ob man an dem jetzigen Ort Wurzeln schlagen möchte, oder das große “Glück” doch woan­ders wartet kann durchaus eine Art geogra­phi­sche Angst etwas zu verpassen aufkommen. Dazu kann Fernweh ein verdammt starker Motor sein.

Nichts­des­to­trotz bringt es große Chancen mit sich, wenn man sich voller Stolz an seinen Wohnort bindet! Denn dabei entstehen wech­sel­sei­tige Vorteile — wie in einer zwischen­mensch­li­chen Bezie­hung eben.

Das weiß auch Melody Warnick, Autorin des Buches “This is where you belong”.

 

 

Unser Gehirn irrt sich

Einer der Gründe, warum man denkt etwas zu verpassen ist, dass man sich mit anderen Menschen vergleicht. Andere wohnen aber auch nicht im Para­dies — auch wenn es bei Insta­gram, Face­book, etc oft so darge­stellt wird. Zu denken, dass man auf Bali, in Florida oder in der Karibik wegen dem guten Wetter glück­li­cher sein würde ist übri­gens irre­füh­rend. Das erklärt der Psycho­loge und Nobel­preis­träger Daniel Kahneman in einem Video.

Wir denken zwar oft, dass eine bestimmte Entschei­dung, Aktion oder Errun­gen­schaft glück­lich macht, aber das heißt nicht, dass das dann letzt­end­lich auch stimmt. Unser Gehirn spielt uns gerne mal einen Streich!

Mache nicht den Fehler zu denken, dass du erst glück­lich bist, wenn du den idealen Wohnort gefunden hast. Viele Menschen verschieben ihr Glück in die Zukunft. Sie denken, dass sie erst glück­lich sind, wenn sie den neuen Job, den neuen Partner/Partnerin, das neue Auto oder eben den neuen Ort zum leben haben.

Mit dieser Erwar­tungs­hal­tung entsteht enormer Druck, der meis­tens in Enttäu­schung endet. Wie oft hast du schon irgend­etwas gekauft, wo du total grelle drauf warst, nur um dann nach ein paar Tagen fest­zu­stellen, dass es schnell lang­weilig wurde?

 

Die Sache mit den Idealen

Sei dir auch bewusst was Du wirk­lich willst. Nicht was die Gesell­schaft, deine Eltern, deine Nach­barn oder der Papst von dir erwarten. Die meiste Zeit verbringst du schließ­lich mit dir 😉 Struk­tu­riere dementspre­chend auch dein Leben. Nur du weißt, was für dich rele­vant ist. Die Realität anderer ist nicht deine Realität. Meine Realität ist nicht deine Realität. Wie sagt man so schön? Niemand hat die Wahr­heit gepachtet!

Deshalb: Wenn die Gesell­schaft beispiels­weise vorgibt das Ideal sei ein Neubau­grund­stück in einem Vorort, dann heißt das nicht gleich, dass das auch für dich das Ideal sein muss.

Wie viele Ameri­kaner dachten zum American Dream gehöre ein Einfa­mi­li­en­haus außer­halb der Stadt mit grünem Garten, weißem Zaun und roten Rosen, 2,5 Kindern und 2 Autos? Viel zu viele. Die Folge war eine massive Zersied­lung der Land­schaft, Verkehrs­chaos, Stress und Lange­weile. Mitt­ler­weile ziehen die Menschen wieder in die Städte.

Mit den Idealen ist es nun mal so eine Sache. Den perfekten Ort gibt es nicht — genauso wenig wie es den perfekten Menschen gibt. Auch wenn mein Blog verkündet, dir zum idealen Wohnort zu verhelfen, so ist doch eher der opti­male Wohnort gemeint.

Ich finde, dass es trotzdem sinn­voll ist nach Idealen zu streben. Das Gedicht “Das Ideal” von Kurt Tucholsky verdeut­licht zwar sehr anschau­lich, dass es eigent­lich nicht möglich ist, Ideale zu verwirk­li­chen aber einen Wohnort mit für dich opti­malen Bedin­gungen kannst Du auf jeden Fall finden!

Was es dafür braucht? Vertrauen eine Bindung einzu­gehen und das Wissen über deine bewussten und unbe­wussten Präferenzen.

 

 

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