“Each person should live where their soul desires.” — Valentyna Ivanivna
Neulich bin ich zufällig auf den Film The Babushkas of Chernobyl gestoßen. Diese Dokumentation handelt von einer Gruppe von ukrainischen Frauen, die nach der Atomkatastrophe von Chernobyl und der darauf folgenden Evakuierung illegal wieder an ihren alten Wohnort zurückgekehrt sind — trotz radioaktiver Strahlung.
Das Leben innerhalb der Sperrzone ist hart und oft auch sehr einsam. Aber trotzdem wollen die Frauen auf keinen Fall in eine andere Umgebung. Im Gegenteil: Selbst die Frauen, die an andere Orte evakuiert wurden sehnen sich nach ihrer alten Heimat. Von den vielen tausend ehemaligen Bewohner die rund um das Gebiet des explodierten Reaktors lebten sind nur sehr wenige sehr Mutige zurück gekehrt.
Verlassenes Gebäude innerhalb der Sperrzone der Atomkatastrophe
Gebunden an die vertraute Umgebung
Es mag unklug erscheinen in einem gesperrten, stark radioaktiv belasteten Gebiet zu leben, aber anscheinend wissen die Frauen genau was sie zu ihrer Zufriedenheit brauchen: Einen Ort voller Erinnerung, ihren eigenen Garten in dem sie ihre Nahrungsmittel anbauen, ein paar alte Freundinnen aus Kindertagen, Religion und die Natur, die ihnen Kraft und Hoffnung gibt. Und natürlich ab und zu mal ein Schlückchen Wodka. Oder auch zwei.
Alles in allem ist der Film ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie stark die Bindung an einen Wohnort sein kann. Der Ort und die daran geknüpfte Selbstversorgung ist den Babuschkas wichtiger als ihre eigene Gesundheit. Oder anders ausgedrückt: Die Tatsache, dass sie in ihrer Wunsch-Umgebung leben lässt sie gesund bleiben.
Das interessante ist: Viele der Frauen sind glücklicher und leben länger als die Frauen, die in eine strahlen-unbelastete neue Umgebung gebracht wurden. Es scheint, dass die Identifikation mit dem gewohnten Umfeld und die Eigenständigkeit beziehungsweise Unabhängigkeit ihnen so gut tut, dass selbst die Strahlung kaum einen nennenswerten Einfluss auf sie hat. Die gesunde Ernährung aus dem eigenen Garten trägt ebenfalls dazu bei. Auch wenn das Essen belastet ist. Die Identifikation mit ihrer Heimat lässt sie in der Tat die Angst vor der tödlichen Strahlung vergessen. Sie haben lediglich Angst vor dem Hunger — wenn überhaupt.
“Radiation doesn’t scare me, starvation does.” — Hanna Zavorotyna
Die Babuschkas sind jedenfalls ein sehr kurioser Schlag Menschen. Aber sieh selbst: Den Trailer des mit vielen Preisen ausgezeichneten Films kannst du dir hier (auf Englisch) anschauen.