“Wenn der Mensch nicht über das nachdenkt, was in ferner Zukunft liegt, wird er das schon in naher Zukunft bereuen.” - Konfuzius
Während meines Aufenthaltes in Melbourne habe ich einem jungen Familienvater bei der Renovierung seines gerade gekauften Hauses geholfen. Voller Stolz erzählte er mir, dass er das Haus bei einer Auktion erstanden hatte. Bei der Auktion waren überraschenderweise nur er mit seiner Frau und ein anderes älteres Ehepaar anwesend.
Um den Zusammenhang zu verstehen muss man wissen: In den großen Städten Australiens ist es sehr schwer eine gute Immobilie zu erstehen. Besonders in den großen Städten Sydney, Melbourne und Brisbane kaufen die Immobilienhaie alles auf was nicht bei Drei auf dem Baum ist. Unser Familienvater hatte aber unfassbares „Glück“ und erstand das Haus. Das ältere Ehepaar überließ uneigennützig der jungen Familie den Kauf des Hauses, da sie fanden, dass diese es besser gebrauchen könne.
Ein toller Fang
Später stellte sich heraus, dass der Wert des Hauses fast doppelt so hoch war wie der gezahlte Kaufpreis. Der junge Vater hat also ein echtes Schnäppchen geschlagen. Die Lage der Immobilie ist ebenfalls sehr gut. Mit dem Zug erreicht man das Stadtzentrum Melbournes in circa 15 Minuten. Das ist verglichen mit der hohen Verkehrsbelastung auf den Straßen eine sehr gute Zeitentfernung. Die Nachbarschaft ist ruhig und die Verkehrsbelastung vor dem Haus hält sich in Grenzen. In der Nähe befindet sich zudem eine Grundschule, die einen guten Ruf genießt. Auf dem ersten Blick also hervorragende Bedingungen für eine junge Familie.
Was ist der Haken an der Sache?
Das Problem an dem Grundstück ist aber, dass das Haus und somit auch die Zimmer recht klein sind und dass sich die beiden Kinder der Familie ein Zimmer teilen werden müssen. Da die Kinder noch sehr klein sind wird das am Anfang kein Problem darstellen. Aber wie wird es in Zukunft weitergehen?
Letztendlich hat unser Familienvater für den Moment seinem Geldbeutel einen Gefallen getan aber mittelfristig wird er sich Nerven aus Drahtseilen anschaffen müssen, wenn die ersten Konflikte im gemeinsamen Kinderzimmer ausbrechen. Die beiden Kinder (ein zweijähriger Junge und ein 4‑Monate altes Mädchen) werden nicht ewig voller Eintracht in die Windeln machen. Irgendwann wird der Wunsch nach getrennten Kinderzimmern geäußert werden. Und dann spielt es keine Rolle mehr, wie viel Wert das Grundstück hat. Dann wird sich zeigen, dass das Gebäude nicht erweitert werden kann.
Auf der einen Seite grenzt das Gebäude nämlich bereits an das Nachbarhaus. Auf der gegenüberliegenden Seite ist circa ein Meter Abstand zum anderen Nachbarhaus. Hinterm Haus sind nach einer bereits erfolgten Vergrößerung des Wohnzimmers nur noch wenige Quadratmeter Garten vorhanden. Das Wohnzimmer nimmt somit ungefähr die Hälfte der Wohnfläche ein. Der Dachboden des Hauses ist nicht bewohnbar, da der Dachstuhl sehr niedrig ist. Das Gebäude kann also nicht vergrößert werden.
Der größte Raum im Haus: Das Wohnzimmer
Was lernen wir daraus?
Für den Moment hat sich die junge einen Traum erfüllt: Den Traum vom Eigenheim. Ich habe aber absolut keine Ahnung wie die Familie in 10 oder 15 Jahren wohnen wird. Aktuell mag die junge Familie glücklich sein. Aber wird sie das auch in einigen Jahren sein? Das wage ich zu bezweifeln. Auf jeden Fall wird der Familienfrieden auf eine harte Probe gestellt werden sobald die Kinder ihre eigenen Wünsche äußern werden.
Fakt ist jedenfalls, dass es nie eine gute Idee ist nur aufgrund des Preises oder der Lage eine Kaufentscheidung für eine Wohnung oder ein Haus zu treffen. Geld macht eben nicht glücklich. Auch eingespartes Geld nicht. Beim Kauf einer Wohnung oder eines Hauses muss man alle Bedürfnisse der Bewohner beachten und auch in die Zukunft planen – egal wie günstig der Preis oder die Lage ist.