“Es gibt nur zwei Orte in der Welt wo wir glücklich sein können: Zuhause und in Paris.” — Ernest Hemingway.
In Zeiten von Smartphones ist es recht simpel das räumliche Bewegungsprofil einer Person aufzuzeichnen. Eine interessante Methode, das Bewegungsprofil einer Studentin aus Paris aufzuzeichnen hatte bereits 1957 der Soziologe Paul-Henry Chombart. Er zeichnete die Routen einer Studentin in Paris in einer Karte zusammen. Entstanden ist ein recht kurioses Ergebnis:
Abbildung: “Trajets pendant un an d’une jeune fille du XVIe arrondissement” (Wagner 2012, S. 47)
Macht der Gewohnheit
Die Wege der Studentin beschränken sich bis auf einige Abstecher auf ein Dreieck, das aus ihrer Wohnung, der Universität und der Wohnung ihres Klavierlehrers besteht. Wie du siehst: Selbst in einer Metropole voller Möglichkeiten wie Paris beschränkt man sich im Wesentlichen im Alltag auf nur wenige Orte. Neben der Wohnung/Haus ist es in der Regel der Arbeitsplatz/Universität/Schule und ein paar weitere Orte, die der Grundversorgung, Freizeit, Erholung, Selbstverwirklichung oder Sport dienen. Und selbstverständlich soziale Kontakte. Gut, und vielleicht noch ein paar Geheimnisse.
Du kannst ja mal aus Spaß die Orte in einer Karte einzeichnen, die du in deinem Wohnort regelmäßig besuchst oder schon mal bei Gelegenheit besucht hast. Vielleicht ergibt sich ja ein ähnliches Bild wie in der Karte von Paul-Henry Chombart?
“Die Gewohnheit ist ein Seil. Wir weben jeden Tag einen Faden, und schließlich können wir es nicht mehr zerreißen.” — Thomas Mann
Das Wählen von immer denselben Wegen hat auf der einen Seite seine Vorteile (Gewohnheit, gefühlte Sicherheit) aber kann auf der anderen Seite auch negative Aspekte enthalten. Zum Beispiel wenn man jedes Mal negativen Einflüssen ausgesetzt ist. Besonders in den immer größer werdenden Metropolen. Der tagtägliche Stau der an den Nerven zerrt, die schlecht beleuchtete Unterführung die für Angst sorgt, der schlecht ausgebaute oder nicht vorhandene Fahrradweg, die immer überfüllte Buslinie, das von intoleranten Menschen bewohnte Stadtviertel, etc.
Städte werden zwar für Menschen gebaut (auch wenn man manchmal das Gefühl hat, dass sie für Autos gebaut werden) aber nicht alle Menschen sind gleich.
Individualität
Wir unterscheiden uns in unserer Persönlichkeit und somit in unseren Präferenzen. Der eine Mensch ist anfälliger für den Stress im Stau als ein anderer, der eine Mensch fürchtet sich mehr vor der dunklen Unterführung als ein anderer, dem einen stört es mehr, dass der Fahrradweg schlecht ausgebaut ist als einem anderen, der eine Mensch reagiert sensibler auf den überfüllten Bus als ein anderer, dem einen Menschen schlägt Intoleranz mehr auf den Magen als einem anderen, etc.
Die Karte von Paul-Henry Chombart zeigt: Wir neigen dazu immer wieder die selben Orte und Routen zu wählen. Wir Menschen sind nun mal Gewohnheitstiere. Deswegen ist es wichtig, dass diese Orte mit unserer Persönlichkeit bzw unseren räumlichen Präferenzen übereinstimmen. Im Idealfall wählen und nutzen wir die räumlichen Gegebenheiten so, dass sie positive Gewohnheiten fördern und uns somit dabei unterstützen die beste Version von uns Selbst zu werden.
Quelle:
Wagner, K. (2012): La decouverte aerienne de la ville. Der diagrammatische Blick auf die Stadt. In: Sick, F. (Hrsg.): Stadtraum, Stadtlandschaft, Karte. 25–54. Tübingen.