“Wer etwas will, findet Wege, wer etwas nicht will findet Ausreden.” — Götz Werner
Wenn man seine persönlichen Klimaziele erreichen möchte, dann ist das Leben in der Stadt eine gute Wahl. Neben Einsparungen beim Heizen ergeben sich vor allem Vorteile bei der Mobilität. Um all seine Bedürfnisse zu erfüllen muss man im urbanen Raum nämlich nur kurze Wege zurück legen. Und kurze Wege bedeuten, dass man auf ein Auto verzichten kann. Easy. Doch wie sieht das auf dem Land aus?
Oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Thema sofort abgeblockt wird, sobald ich es anspreche. “Ohne Auto auf dem Land? Das geht niemals! Völlig unrealistisch!” Doch stimmt das? Ich habe mich auf die Suche nach Geschichten gemacht, die das Gegenteil beweisen.
Seit einiger Zeit bin ich Mitglied in der Facebook-Gruppe Utopia — eine sehr aktive, bunte Gruppe, in der sich zahlreiche Menschen zum Thema Nachhaltigkeit austauschen. Diese Gruppe schien mir ein geeigneter Ort zu sein, um passende Geschichten zu finden. Und siehe da: Fünf Geschichten sind es geworden. Ein paar davon fast ohne Auto, ein paar davon ganz ohne Auto:
1) Rad, Roller, Bus & Bahn
“Wir leben noch nicht ohne Auto, aber ich habe es mir in den Kopf gesetzt, wenigstens eines abzuschaffen. Beruflich benötigt mein Mann weiterhin eines (Er ist selbstständig, Computertechniker, der Gerätetransport ist sonst nicht möglich). Ich arbeite 6 Kilometer vom Wohnort entfernt auf einem Biohof und ich fahre jetzt immer mit dem Rad samt Gepäcktaschen, was die Lebensmittelversorgung zum Großteil mit einschließt. Bei Regen Wechselkleidung mitnehmen. Die Kinder werden zu Fuß oder per Rad/Roller zur Schule und Kiga begleitet. Die Stadt ist etwa 8km entfernt, was mit Rad oder Bus gut möglich ist. Bleiben Familienausflüge oder Besuche bei Freunden am Wochenende, die weiter weg leben (30–40km) oder zur Verwandtschaft (200–550km). Zug geht, aber vom Bahnhof zum Zielort zu gelangen ist kompliziert. Soll man es sich verkneifen? Mal sehen, wie es weiter geht.”
- Karin
2) Zu Fuß oder mit dem Rad
“Mein Mann und ich haben nur ein Auto zusammen, also muss ich tagsüber wenn er arbeitet mit dem Fahrrad / zu Fuß auskommen, und wenn ich weiter weg will die Öffentlichen. Das ist hier ein recht kleiner Ort, also ist es kein Problem, alles mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu erledigen. Ich habe einen Einkaufstrolley, wobei wir eh recht günstig wohnen. Der Bus fährt alle halbe Stunde in die nächstgrößere Stadt, ist aber recht teuer. Zu mir passt es ganz gut, da mir der Umweltgedanke wichtig ist und ich fit bleiben möchte. Vermissen tue ich das Auto nur, wenn es regnet.”
- Sarah
3) Unterstützung von der Familie
“Wir besitzen weder Auto noch eine Fahrerlaubnis. Die nächste Stadt ist ca 3 Kilometer entfernt und dort komme ich ab und an mit dem Bus hin um dort einzukaufen und ähnliches. Geht es weiter weg oder es fährt kein Bus, fahren meine Eltern uns und erledigen ihre Wege nebenbei. Das positive daran, dass wir kein Auto haben, ist ganz klar mehr Geld. Wir haben keine Verpflichtungen wie Reparaturen, Auto waschen, Parkplatz suchen, Versicherungen, usw. Der wichtigste Punkt: Es schont unsere Umwelt.”
- Julia
4) Selbstversorgung
“Meine Eltern leben auf dem Land, ohne Auto wäre man da leider aufgeschmissen. Jede Stunde fährt ein Bus in die 25 km entfernte Stadt und von dort fahren Busse dann in die andere Richtung, wo man hin will. Irgendwie ein Umweg. Naja, im Ort selber gibt es keinen Supermarkt oder sowas, der nächste ist ca. 5km entfernt. Sie ernähren sich großteils vom eigenen Garten, da ist alles an Gemüse und Kräutern, Obst und Beeren vorhanden, auch Nussbäume haben wir; eigene Tiere die geschlachtet werden, bzw die Milch und Eier davon. (Ich trauere gerade etwas, weil ich 600km weit weg wohne wegen Arbeit). Ich finde es super, wenn man kein Auto braucht und sich selber so gut wie es geht versorgen kann. Bessere Luft, schöneres Leben, aber in dem 260 Seelen-Dorf bräuchte man leider ein Auto zwecks Arbeit. Ohne Auto wäre ich auch nicht in meine Lehre gekommen.
- Anisha
5) Lasten‑E Bike
“Seit ich meinen Führerschein habe, hatte ich immer ein eigenes Auto, fast 25 Jahre lang, und ich habe auch nie in Alternativen gedacht. Letzten Oktober bin ich aufs Lasten‑E Bike umgestiegen und seitdem knapp 2000 km geradelt. Das war die beste Entscheidung und Investition seit langem, endlich wieder Bewegung und frische Luft. Ich mache alles mit dem Rad, zusammen mit meinen 3 Kindern, die meistens mitfahren. Wir wohnen in einem Ort nahe einer größeren Stadt.
- Julia
Auf in die Zukunft
Wie du siehst: Wandel ist möglich. Ob mit dem Rad, dem Roller, dem Bus, der Bahn oder dem Lastenrad. Mobilität kann auch auf dem Land neu definiert werden. Selbstversorgungskonzepte und Unterstützung durch die Familie sind weitere Strategien mit denen die PKW-Abhängigkeit im ländlichen Gebiet überwunden werden kann.
Neben mehr Bewegung, weniger Verpflichtungen, frischer Luft, entspannter Lebensqualität und mehr Umwelt ‑und Klimaschutz ist vor allem die finanzielle Ersparnis ein gutes Argument das Auto aus seinem Leben zu verbannen.
Besonders Lastenräder entwickeln sich zu einem Zeichen der Hoffnung in Sachen klimagerechte Mobilität. Wenn du ein Lastenrad testen möchtest dann könnte die Seite Lastenradtest für dich interessant sein.
Außerdem: Wenn du in NRW wohnst und den Radverkehr unterstützen möchtest dann kannst du hier die Initiative Aufbruch Fahrrad noch bis zum 1. Mai 2019 mit deiner Unterschrift unterstützen. Das Aktionsbündnis, das auch ich mit meinem Blog unterstütze fordert bis 2025 den Anteil des Radverkehrs in NRW auf 25% zu erhöhen.
Wie sieht es bei dir aus? Kannst du dir ein autofreies Leben vorstellen?
Übrigens: Wenn auch du Mitglied der Utopia-Facebookgruppe werden willst dann folge diesem Link. Wenn du meinem Blog bei Facebook folgen möchtest dann geht es hier entlang.